Von Norwegen lernen: ein persönlicher Einblick in ein effizienteres Gesundheitssystem

Nach drei Jahren in Norwegen bin ich immer wieder beeindruckt, wie das dortige Gesundheitssystem gleichzeitig gerechter, effizienter und kostengünstiger funktioniert als das deutsche. Die zentrale Säule ist die universelle Bürgerversicherung, in der ausnahmslos alle versichert sind – von der Kindergärtnerin bis zum Lachs-Millionär. 

Der augenfälligste Unterschied zu Deutschland: Hier gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin. Das System basiert auf dem Hausarztprinzip, das ich anfangs skeptisch sah, mittlerweile aber sehr schätze. Jeder Patient muss zunächst zum Hausarzt, der als „Lotse“ fungiert und bei Bedarf zum Facharzt überweist. Was auf den ersten Blick bürokratisch klingt, verhindert tatsächlich teure Doppeluntersuchungen und unnötige Facharztbesuche.

Ein konkretes Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: als werdende Mutter erhielt ich zwei ausführliche Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft – nicht mehr und nicht weniger. Diese Anzahl basiert auf medizinischen Leitlinien, wird im Krankenhaus durchgeführt und im Fall von Risikoschwangerschaften erhöht. Wer zusätzliche Ultraschalls und 3D-Bilder wünscht, kann diese privat bezahlen. In Deutschland hatte ich Freundinnen, die monatlich zum Ultraschall gingen, ohne medizinische Notwendigkeit, aber von der Krankenkasse bezahlt. Der Rest der Schwangerschaftsvorsorge passiert übrigens nicht etwa beim Gynäkologen, sondern standardmäßig bei einer staatlich angestellten Hebamme. Die hat weniger fancy Geräte zur Verfügung, nimmt sich aber für jeden Termin eine volle Stunde Zeit.

Die Kostenbeteiligung für Hausarztbesuche ist transparent und sozial gestaffelt. Bis zu einer jährlichen Obergrenze von etwa 270 Euro zahlt man Eigenanteile, danach ist alles kostenfrei (Die Schwangerschaftsvorsorge ist eine Ausnahme und von Eigenbeteiligung ausgenommen). Dies verhindert sowohl Überversorgung als auch finanzielle Überlastung der Patienten. Die norwegische Krankenversicherung ist Teil der allgemeinen Bürgerversicherung, die auch Ausgaben für die Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung enthält. Insgesamt kostet mich das monatlich etwa 13 Prozent meines Gehalts.

Was mich besonders überzeugt: Das System ist nicht nur gerechter, sondern auch günstiger. Norwegen gibt trotz hoher Löhne und eines gut ausgebauten Wohlfahrtsstaates einen geringeren Anteil seines BIP für Gesundheit, Renten, und Sozialhilfen aus als Deutschland. 

Für ein Gesundheitssystem, das gerecht ist – für alle, überall im Land – und ein System der solidarischen Bürgerversicherung, kämpft auch meine SPD. Die Union will hingegen die Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung beibehalten. Dabei zeigt das norwegische Beispiel ganz klar, dass sich Effizienz und Gerechtigkeit im Gesundheitssystem nicht ausschließen müssen – ganz im Gegenteil!

Ein Bericht von Jana vom SPD-Auslandsfreundeskreis Oslo

Mastodon