Vorbild Wiener Wohnungsmodell: Wohnraum als staatliche Daueraufgabe

In Deutschland fehlen hunderttausende Wohnungen, der Investitionsbedarf geht in die Milliarden. Um den akuten Wohnraummangel zu bekämpfen, verspricht die SPD eine Investitions-, Steuer- und Entbürokratisierungsoffensive sowie die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Konkret soll ein anfangs mit 100 Milliarden Euro ausgestatteter Deutschlandsfonds geschaffen werden, der öffentliches und privates Kapital mobilisiert, um die wichtigsten Investitionsbedarfe in Deutschland zu erfüllen. Im Bereich des Wohnungsbaus heißt das, dass kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften mithilfe des Deutschlandfonds mit dem nötigen Eigenkapital versorgt werden sollen, um den Wohnungsbau anzukurbeln.

Für die SPD ist Wohnen ein öffentliches Gut, das nicht allein dem privaten Markt überlassen bleiben darf. Im Gegenteil: die Schaffung und der Erhalt von bezahlbarem Wohnraum ist eine staatliche Daueraufgabe. Dass der Staat in diesem Bereich Großartiges leisten kann, lehrt das Wiener Wohnungsmodell. Wien begann schon in den 1920er Jahren selbst Wohnungen zu bauen und zu vermieten und setzt dieses Erfolgsmodell –  mit Ausnahme einer Pause von 2004 bis 2015 im Falle neu gebauter Gemeindewohnungen – kontinuierlich fort, sodass heute etwa 600.000 Wiener*innen im Gemeindebau leben können. Zusätzlich zu diesem städtischen Wohnungsbau ist der Bereich der gemeinnützigen Bauvereinigungen (häufig in Form von Genossenschaften), die öffentlich gefördert und selbst keinen Gewinn erwirtschaften dürfen, eine zweite starke Säule. Der Erfolg dieser Politik lässt sich leicht bemessen: ungefähr zwei Drittel der Wohnbevölkerung in der 2-Millionen-Einwohner Stadt Wien lebt im öffentlichen bzw. öffentlich-geförderten Wohnungen – eine absolut, aber umso mehr im Vergleich zu deutschen Großstädten gigantische Zahl.

Wien weist den Weg und es ist an der Zeit, dass deutsche Städte diesem Vorbild endlich folgen. Mit ihren Investitionsplänen als Teil des Deutschlandsfonds beweist die SPD, dass sie das verstanden hat. Ganz anders hingegen die Union: Was CDU und CSU unternehmen wollen? Tja, was eigentlich? Gute Frage! Ziemlich weit hinten in ihrem Wahlprogramm heißt es vage, dass es “mehr neue Häuser und Wohnungen, schneller und günstiger” brauche und dass “der soziale Wohnungsbau (…) solide gefördert” werden müsse. Das entscheidende Wort “Investitionen” sucht man jedoch vergeblich. Das ist erstaunlich. Denn das Thema Bauen und Wohnen ist zweifellos eine der größten sozialen Fragen unserer Zeit und mit dem Wiener Wohnungsmodell findet sich die Lösung in direkter Nachbarschaft.

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